Von Amelia Massetti, Präsidentin Artemisia e.V. Inklusion für Alle

Die SIBUZ sind Zentren der Unterstützung und Inklusiv Bildungsberatung innerhalb des Schulsystems, die in Berlin umgesetzt werden.
Es handelt sich um wichtige Strukturen, die nach Ermessen der Eltern ausgewählt werden, um die notwendigen Stunden der Unterstützung zu erhalten, und zu einem Filter zwischen der Schule und den Eltern von Kinder mit Behinderung , die eine sonderschule für ihre Kinder ablehnen. Durch diese Einrichtung können die Möglichkeiten der Integration von Kindern und Jungen* in das Schulsystem verbessert werden.

Amelia Massetti, Präsidentin von Artemisia e.V., interviewte Uta Johst-Schrader, Schulrätin und Leiteri das SIBUZ Friedrichshain-Kreuzberg, die zur Infoveranstaltung von Artemisia am 3. September eingeladen wurde.

Das Interview, ins Italienische übersetzt, wurde in der Online-Zeitschrift IL MITTE veröffentlicht.

  • Was sind die Gründe, die zur Gründung der SIBUZ geführt haben?

Im Land Berlin werden schon jetzt mehr als die Hälfte aller Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in allgemeinbildenden Schulen beschult. Damit die Entwicklung der Schulen hin zu inklusiven Schulen im Sinne der UN-Konventionen forciert wird, war bereits im ersten 2011 dem Berliner Abgeordnetenhaus vorgelegten Gesamtkonzept „Inklusive Schule“ die Notwendigkeit der Einrichtung von regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren vorgesehen. In den 2013 veröffentlichten Empfehlungen des durch die Senatorin Sandra Scheeres berufenen Beirats „Inklusive Schule in Berlin“, wurde die Einrichtung inklusiver Beratungs- und Unterstützungszentren als eine wesentlicher Faktor benannt, inklusive Schulentwicklung zu befördern. Auch ist ein Ausgangspunkt, der zur Gründung der SIBUZ führte die unbefriedigende Situation, dass im Bereich Schule-Jugend verschiedene Dienste unkoordiniert nebeneinander arbeiten. Die interdisziplinär zusammengesetzten SIBUZ sollen durch vernetzte Arbeit Doppelstrukturen entgegenwirken und möglichst Synergieeffekte in der Versorgung erzeugen.

  • Stammt dieser Dienst aus ähnlichen bwz. bereits existierenden Strukturen dieser Art?

Die inklusiven Beratungs- und Unterstützungszentren führen verschiedene vorher bereits vorhandene Dienste und Strukturen zusammen und erweitern sie. Die regionalen schulpsychologischen Beratungszentren fusionierten mit den vorhandenen Strukturen zur sonderpädagogischen Beratung- und Diagnostik und gingen in der Institution SIBUZ auf. Der explizit inklusive Auftrag der Institution wurde durch eine erweiterte personelle Ressource unterlegt.  

  • Welche Institutionen haben die Entstehung der SIBUZ ermöglicht?

Der Aufbau der SIBUZ war eine politische Entscheidung des Abgeordnetenhauses. Die Berliner Landesregierung hat die Senatsverwaltung mit der Umsetzung der Einrichtung der SIBUZ beauftragt.

  • Welche Schritte wurden unternommen, um diesen Dienst ins Leben zu rufen?

Der SIBUZ-Aufbau befindet sich nun im 5. Jahr und ist in den Berliner Regionen aus verschiedenen Gründen unterschiedlich weit fortgeschritten. Wesentlich war und ist die Bereitstellung eines ausreichend großen Gebäudes, damit das multiprofessionelle SIBUZ-Team mit sämtlichen Arbeitsschwerpunkten unter einem Dach untergebracht wird. Diese Grundvoraussetzung für die Arbeit der SIBUZ ließ sich bisher noch nicht in allen Regionen realisieren. Weiterhin ist die barrierefreie Erschließung notwendig sowie die Ausstattung aller Mitarbeiter*innen mit einem datensicheren IT-Arbeitsplatz. Auch dieses ist ein noch laufender Prozess. Darüber hinaus mussten die neuen Stellen genehmigt, ausgeschrieben und besetzt werden und finanzielle Mittel zur Ausstattung der SIBUZ zur Verfügung gestellt werden. Es mussten für den Aufbau und Arbeit der SIBUZ notwendige Rechtsgrundlagen geschaffen werden und Kooperationszusammenhänge bzw. Arbeitsteilung zu bestehenden Institutionen geklärt werden. Darüber hinaus musste mit allen Mitarbeiter*innen ein Prozess angestoßen werden, der zu einem gemeinsamen Verständnis der Aufgaben und Arbeitsweisen sowie einem Konsens in der Wertehaltung führt. Es mussten Vernetzungsstrukturen zwischen den SIBUZ aufgebaut werden, damit ein Berlinweiter Austausch möglich ist. Weiterhin musste Maßnahmen getroffen werden um die  Institution in Berlin bekannt zu machen. Viele der Prozesse sind noch nicht abgeschlossen.   

  • Welche Institutionen waren an diesem Prozess beteiligt?

In den inhaltlichen Prozess sind die zentrale Senatsbildungsverwaltung, die regionale Schulaufsicht und weitere Unterstützungssysteme wie z.B. die regionale Fortbildung einbezogen. Um die notwendigen Grundvoraussetzungen räumlich und in der Ausstattung zu schaffen, müssen Bezirksämter und Senatsverwaltung eng kooperieren.

  • Welche Innovationen können im Vergleich zum bereits Existierenden verzeichnet werden?

Durch die multiprofessionelle Zusammenarbeit unter einem Dach werden den Nutzer*innen Wege erspart und es werden unübersichtliche Doppelstrukturen vermieden. Die Ausrichtung der Arbeit an inklusiven Zielstellungen fokussiert präventive Ansätze und zielt auf Beratung und Unterstützung zur inklusiven Veränderung von Systemen ab.

  • Welche Berufsbilder arbeiten in dem SIBUZ?

Die SIBUZ repräsentieren das gesamte für die inklusive Schule notwendige Spektrum von Professionen. Es arbeiten in den SIBUZ Psycholog*innen, allgemeine Pädagog*innen, Sonderpädagog*innen aller Fachrichtungen, Erzieher*innen, Sozialarbeiter*innen und Verwaltungskräfte.

Die SIBUZ bieten für das pädagogische Personal der Schulen Supervision, Coaching, Fallberatung, Förderplanberatung und systembezogene Schulentwicklungsberatung sowie Fortbildung an. Wir begleiten Schulen beim Aufbau schulinterner Beratungsteams, die beauftragt sind innerschulisch die inklusive Schulentwicklung voran zu treiben.

  • Welche Unterstützung und Dienstleistungen bietet der SIBUZ Eltern von Kindern mit Behinderung, die die Pflichtschule besuchen?

Das SIBUZ berät Eltern und Schüler*innen zu allen Fragen der schulischen Entwicklung und zu Angeboten anderer Unterstützungssysteme. Im SIBUZ werden die sonderpädagogischen Feststellungsverfahren koordiniert. Die beauftragten SIBUZ-Mitarbeiter*innen beraten im Rahmen der sonderpädagogischen Diagnostik zu diagnostischen Ergebnissen und Förderung. Sie beraten zu allen Fragen des Nachteilsausgleichs sowie zum Einsatz von ergänzender Pflege und Hilfe.

Es wenden sich vielfach Eltern/Schüler* in an das SIBUZ, die bei gegebener schulischer Förderung Sorge um die Entwicklung ihres Kindes haben und auch, wenn es bereits zu Konflikten mit der Schule gekommen ist. Unsere Beratung ist immer vertraulich und der Schwerpunkt unseres Vorgehens wäre es den Eltern/Schüler* in weitere Schritte für eine mögliche Bearbeitung des Problems aufzuzeigen. Aktiv werden wir nur, wenn es gewünscht ist. Wir würden versuchen alle Akteure an einen Tisch zu bekommen und die Rolle eines Mediators einnehmen.

  • Welche Berufsbilder sind mit dieser Aufgabe betraut?

Überwiegend Psycholog*innen, speziell weitergebildete Beratungslehrkräfte und das Leitungsteam.

  • Spielt der SIBUZ eine Rolle bei der diagnostischen Auswertung von Vorschulkindern?

Die regionalen Teams der vorschulischen Sprachförderung sind den SIBUZ zugeordnet. Sie führen 15 Monate vor Schuleintritt die Sprachstandsfeststellung durch. Sollte sich herausstellen, dass das entsprechende Kind Sprachförderung benötigt, wird in Abstimmung mit den Eltern die Sprachförderung in der Kita oder Kindertagespflege intensiviert, damit das Kind bis zum Schuleintritt über die notwendigen sprachlichen Fähigkeiten verfügt. Auch werden vor dem Schuleintritt in den SIBUZ bereits antragsgebunden Feststellungsverfahren zum sonderpädagogischen Förderbedarf durchgeführt.

  • Was sind die Bewertungskriterien?

Die Sprachstandsfeststellung bezieht alle Ebenen der Sprache mit ein (Wortschatz, Grammatik). Bei den Feststellungsverfahren gibt es für die entsprechenden Fachrichtungen Standards.

  • Die Gründung des SIBUZ existiert nur in Berlin und befindet sich noch in der Experimentierphase?

Es gibt auch in anderen Bundesländern ähnliche Beratungsstrukturen, die SIBUZ Berlin befinden sich dazu in einem engen Austausch mit den Stadtstaaten Bremen und Hamburg. Die SIBUZ- Berlin befinden sich noch in der Aufbauphase, jedoch nicht in der Experimentierphase. Alle SIBUZ erhalten finanzielle Mittel zur Prozessbegleitung. Dieses fand auch in den vergangenen Jahren für die Leitungsebene berlinweit statt. Im Herbst 2019 wird ein Qualitäts- und Handlungsrahmen für die SIBUZ Berlin veröffentlicht, welcher bereits eine erste Festlegung von Standards für die Arbeit beinhaltet.

  •  Wurde dieser als Schlüsselelement für die Verbesserung inklusiver Praktiken anerkannt?

Das Schlüsselelement zum Aufbau der inklusiven Praktiken in den Schulen sind die schulinternen Beratungsteams. Schulen, die diese installiert haben forcieren inklusive Schulentwicklung und strukturieren Beratung nach innen und außen. Schulen mit schulinternen Beratungsstrukturen sind mit dem außerschulischen Beratungsnetzwerk gut verbunden.

  • Sehen Sie eine Möglichkeit, diesen (SIBUZ) ebenfalls in anderen Regionen Deutschlands durchzusetzen?

Es wäre sehr wünschenswert und auch notwendig solche Unterstützungszentren in anderen Bundesländern aufzubauen. Sicherlich ist es in Flächenstaaten schwieriger, jedoch erscheint es mir möglich, wenn man das Konzept anpasst und der politische Wille da ist.

Event in f https://www.facebook.com/events/471865583608504/?active_tab=discussion

SIBUZ

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